Samstag, 24. September 2022

Wilhering, Österreich

Unter dem Titel "Expedition Digitaler Humanismus" läuft noch bis Sonntag im Stift Wilhering ein erster Kongress zu dieser Thematik. "Sind wir noch zu retten?" lautet die provokante Frage, der am Samstag mehr als 30 Teilnehmende, unter ihnen der Linzer Bischof Manfred Scheuer, nachgehen und nach "Menschlichkeit im Digitalen" suchen. Eröffnet wurde der Kongress am Freitagabend, 23. September, u.a. mit einem Plädoyer von Bischof Scheuer für einen differenzierten Blick auf die Zweischneidigkeit der Digitalisierung. Begrüßungsworte sprachen außerdem Abt Reinhold Dessl, Tabakfabrik-Linz-Direktor Chris Müller und der Wilheringer Bürgermeister Mario Mühlböck. Einen ersten inhaltlichen Akzent setzte als Festredner der Mediziner und Theologe Prof. Johannes Huber.

Ausgehend von Überlegungen über das Wesen des christlichen Humanismus, der den Menschen als weltoffenes und kommunikatives Wesen verstehe, und der Demontage dieses Weltbildes durch den Menschen instrumentalisierende Technologien zeichnete Scheuer das Bild einer zweischneidigen Digitalisierung: Diese sei per se "weder einfachhin positiv noch einfachhin negativ zu bewerten": So stünden Entwicklungen im Bereich der Kommunikation, des Gesundheitswesens oder auch im Bereich der Demokratie auf der Positiv-Seite, während gerade das Internet häufig auch Ort der Desinformation, des Mobbings und Hasspostings sei, was sich in der Regel zum Nachteil von ohnehin bereits benachteiligten Menschen auswirke. 

Der Mediziner und Theologe Prof. Johannes Huber unterstrich, dass es wichtig sei, "dass die digitale Technik die Menschenwürde und den Wert des einzelnen Menschen respektiert". Zugleich sollten digitale Medien Toleranz und den Austausch von Argumenten fördern. Befürchtungen, Sorgen und Ängste müssten dabei besonders gehört werden, so Huber. Das Kongressthema liegt ihm insgesamt am Herzen, weil "wir in der Medizin auf die digitale Technik angewiesen sind und wir sie sehr schätzen, auf der anderen Seite aber auch wissen, welches Gefahrenpotenzial sie in sich birgt". Für Huber ist das Stift Wilhering ein "Zeichen der großen Kulturtradition der katholischen Kirche", weshalb er der Einladung gern gefolgt sei.

Abt Reinhold Dessl bekräftigte in seinen Begrüßungsworten, was der Tenor des neu gegründeten Forums Humanismus Wilherings sei: "Die Technik soll ein Segen sein und kein Fluch werden. Wir brauchen nicht nur schnelle Internetkommunikation, wir brauchen ein Aufeinanderhören". Es stehe dem Zisterzienserkloster mit seiner mehr als 875-jährigen Tradition gut an, sich mit "brennenden Fragen der Menschheit" auseinanderzusetzen.

Mit dem neuen "Forum Humanismus Wilhering" möchte das Zisterzienserstift Wilhering in Oberösterreich künftig Fragen der Digitalisierung und anderer gesellschaftlicher Herausforderungen behandeln. (Infos: www.humanismus-wilhering.com)